Einquartierungen durch die Besatzungsmacht von 1945 bis 1956 und große Wohnungsnot infolge des 2. Weltkrieges
Nach dem Einmarsch der siegreichen amerikanischen Truppen am 28. März 1945 in Heuchelheim mussten zahlreiche Bewohner innerhalb weniger Stunden ihre Häuser verlassen. Dort nahmen die Besatzer Quartier. Die Hausbewohner durften meist nicht mal das Lebensnotwendige mitnehmen. Dieser Zustand herrschte jedoch nur kurze Zeit, bis die „Fronttruppe“ weitergezogen war. Die zweite Welle der Hausbeschlagnahmungen begann im Juli 1945 für die Etappensoldaten, meist ältere Leute mit Familien. Unsere Gemeinde befand sich insofern in einer ungünstigen Lage, als der Flughafen in Gießen zum größten amerikanischen Nachschubdepot ausgebaut wurde. Zahlreiche amerikanische Offiziere und Zivilangestellte der Besatzer, die in dem Depot tätig waren, mussten jetzt mit ihren Familien untergebracht werden. Da wegen der erheblichen Zerstörung Gießens die Häuser dort nicht ausreichten, wurden in Heuchelheim von Juli bis Oktober 1945 zunächst 42 der neuesten und schönsten Häuser beschlagnahmt. Dazu gehörten Objekte aus der Gießener Straße, Wilhelmstr., Heinestr., Rodheimer Str., Ludwig-Rinn-Str., Feldstr., Schillerstr., Mühlstr., Bahnstr. und am Hollerbusch. Darunter war die Turnhalle einschl. Wohnung sowie die Gastwirtschaften „Mühlchen“, „Zur Ludwigsburg“ und „Zum Treppchen“. Ein Teil dieser Häuser wurde später wieder geräumt. 32 Häuser aber blieben bis in die 50er Jahre beschlagnahmt. Die Hauseigentümer kamen meist bei Verwandten oder Bekannten notgedrungen beengt unter. Als 1952 immer noch zahlreiche Familien aus den beschlagnahmten Häusern in Notwohnungen untergebracht waren, entschloss sich die Gemeinde, für diese „Besatzungsverdrängte“ gemeindeeigene Wohnhäuser zu bauen. Es handelt sich um die Häuser in der hinteren Sudetenstraße Nr. 30 u. f. Im August 1955 waren es immer noch 17 Wohnungen, die von den Amerikanern belegt waren. Nach zehn Jahren der Beschlagnahme wurden die letzten im Jahre 1956 wieder für die Hauseigentümer nutzbar.
8 Wohnhäuser waren bereits im Dezember 1945 durch Bombenangriffe zerstört und zahlreiche weitere Gebäude beschädigt worden. Die Wohnungsnot verschärfte sich nochmals dramatisch, als ab Februar 1946 in Heuchelheim rd. 900 und in Kinzenbach rd. 400 Heimatvertriebene aufzunehmen waren, die im Wesentlichen aus dem Sudetenland und weiteren Ostgebieten kamen und lediglich ein bescheidenes Handgepäck mitbrachten. Die vorherigen Einwohnerzahlen erhöhten sich dadurch um über 30 %. Eine im Februar 1951 tagende Versammlung des Kulturrings richtete eine Entschließung an die Besatzungsmacht mit dem Appell, Wohnhäuser von der Beschlagnahmung zu entbinden. Darin hieß es auszugsweise: „Wir Heuchelheimer Ortsbürger sind zutiefst bedrückt durch die große Wohnungsnot. Es bestehen Verhältnisse, wo Eltern und Kinder zusammen in einem Raum wohnen, essen, schlafen und kochen müssen. Die Verhältnisse sind so schlimm, dass sich zur Wohnungsvermittlung bzw. Zuweisung weder ein Wohnungsamtsleiter noch der Wohnungsausschuss zur Verfügung stellt.“ Dieser Appell hatte keinen Erfolg. Erst etwa ab 1960 konnte die dringendste Wohnungsnot einigermaßen gelöst werden. Im Auftrag der Gemeinde waren Siedlungshäuser gebaut worden und die Vertriebenen gingen mit großem Fleiß unter gegenseitiger Hilfe daran, für ihren dringenden Wohnbedarf Häuser zu erstellen. Das folgende sogenannte „Wirtschaftswunder“ half sowohl Alt- wie Neubürger durch gemeinsamen Aufbauwillen auch aus der Wohnungsnot allmählich herauszufinden.
Heimat- und Geschichtsverein Heuchelheim-Kinzenbach e.V.
Arbeitskreis Ortsgeschichte