Die Postgeschichte von Heuchelheim - Heimat- und Geschichtsverein Heuchelheim-Kinzenbach e.V.

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Die Postgeschichte von Heuchelheim

Das Jahr 1516 gilt als Geburtsjahr der modernen Post. Kaiser Maximilian schließt mit dem südtiroler Fürsten Franz von Taxis einen Vertrag über die Beförderung der kaiserlichen Post ab. In 1867 ging dann das gesamte Turn- und Taxische kaiserliche Postwesen für 3 Mill. Taler auf den preußischen Staat über. Für das für Heuchelheim und Kinzenbach am nächsten liegende Postamt Gießen bedeutete dies, dass aus dem bisherigen „Großherzoglichen Hessichen Postamt Gießen“ das „Königlich Preußische Postamt Gießen“ wurde. Wenig später ab 1871 wurde dann die „Deutsche Reichspost“ gegründet und ab 1875 die einheitliche Währung eingeführt: 1 Mark = 100 Pfg., was auch bezügliche der Briefmarken die Kreuzerwährung ablöste. Ausgehend vom Postamt Gießen wurden in 1893 sowohl in Heuchelheim als auch in Kinzenbach „Posthilfsstellen“ eingerichtet. Diese waren keine Postanstalten im Sinne des Postgesetzes. Sie waren eine Hilfseinrichtung für den Landzustelldienst, verkauften Briefmarken, nahmen Briefe und Pakete an und gaben diese an den Landbriefträger weiter. Die Heuchelheimer Posthilfsstelle bestand nur ein Jahr, denn ab Mai 1894 gab es hier eine Postagentur. Den Antrag an die kaiserliche Postdirektion hier eine Postagentur für Heuchelheim und Kinzenbach einzurichten stellte Landwirt Jakob Kreiling VI. Er begründete dies im wesentlichen damit, dass aus beiden Orten jeweils zwischen 30 und 40 junge Leute Militärdienst leisteten, und die Pakete für diese von zu Hause umständlich jeweils zu den Postämtern nach Gießen oder Wetzlar gebracht werden müssten sowie mit dem Fehlen einer Telefonleitung, was z. B. das Rufen eines Arztes von Gießen sehr erschwert, da die hiesige Gemeinde von rd. 2000 Einwohnern weder einen Arzt noch eine Apotheke besitzt. Dem Antrag wurde entsprochen und Jakob Kreiling VI. konnte ab Mai 1894 in seinem Haus in der Brauhausstr. 46 (heute Haus Emrich) eine Postagentur mit Fernmeldeeinrichtung für eine Vergütung von 360 Mark jährlich einrichten. Jakob Kreiling, Postagent, geb. 1858, war ein Sohn des Bürgermeisters Jakob Kreiling. Auch der spätere langjährige Bürgermeister (1901-1931) Georg Kreiling war ein Bruder des Postagenten. Jakob Kreiling VI. - später mit dem Dorfnamen „Post-Joab“ bedacht - betreute die Agentur bis 1931, also 37 Jahre lang. Als Briefträger für Heuchelheim und Kinzenbach fungierten u. a. Robert Krämer, der spätere selbständige Schreinermeister in Heuchelheim und ab Anfang der zwanziger Jahre Willi Seipp, der in seiner über 40-jährigen Tätigkeit noch älteren Heuchelheimer bekannt sein dürfte. 1931 wurde die Postagentur aus der Brauhausstr. 46 in die Marktstr. 17 verlegt. Postagent wurde Hermann Reuschling, der Schwiegersohn von Jakob Kreiling. Ausschlaggebend bei mehreren Bewerbern war die Kriegsverletzung von Hermann Reuschling, die ihn nicht mehr befähigte, sein Wagnerhandwerk auszuüben. Im Vorraum nach dem Treppenaufgang wurde eine Telefonzelle eingebaut. Danach verblieben nur noch 6 qm Kundenraum und hinter einer Tür mit einer kleinen Öffnung, die man Schalter nannte, befand sich ein nur 12 qm großer Postraum, in dem sich bis 1948 der gesamte Postbetrieb abspielte. Danach wurde noch das Wohnzimmer des Hauses als weiterer Postraum angegliedert. Die heute 100-jährige Tochter des Postagenten, Emmi Rinn geb. Reuschling (Dorfname „Poste-Emmi), kann über ihre damalige Mitarbeit im Postbetrieb, die sich über 7 Tage die Woche ohne Ruhetag erstreckte, anschaulich erzählen. Während der Zeit des Postbetriebs in der Marktstr. 17 von 1931 bis 1960 waren neben verschiedenen Aushilfen als Briefträger tätig: Erich Menges, Richard Krieger, Hedwig Kröck und der bereits genannte Willi Seipp. Nach Einführung der Postleitzahlen führte Heuchelheim die postalische Bezeichnung 6301, die später dann durch die noch heute gültige 35452 abgelöst wurde. 1960 wurde, der Größe der Gemeinde Rechnung tragend, ein neu- es Postamt im ehemaligen Kino (Scala-Lichtspiele) in der Bahnstr. 16 eingerichtet. Vorsteher neben weiteren fünf Beamten im Postdienst wurde Postassistent Walter Rinn. Nach 25 Jahren stand der Heuchelheimer Post in 1985 ein weiterer Umzug in einen Neubau in der Wilhelmstr. 1 auf dem ehemaligen Schulhof ins Haus. Neben anderen war hier zeitweilig Heinz Volkmann Postamtsvorsteher. Der Postbetrieb zog dann in das Hinterhaus Gießener Str. 32 (früher Baumschulenhaus Engelhardt) und befand sich dort bis August 2022. Im Oktober 2022 wurde die neue Postagentur im Haus Gießener Str. 25 - früher Gaststätte Volkmann/Steinmüller (Luwigs) – eröffnet. Nach dem 2. Weltkrieg wurden von der Deutschen Bundespost an diversen Stellen beider Ortsteile Telefonhäuschen aufgestellt. Nach Aufkommen der Mobiltelefone (Handys) wurden die Telefonzellen alle nach und nach wieder abgebaut.

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Arbeitskreis Ortsgeschichte
Online seit dem 27.12.2020
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